
Schon seit einiger Zeit habe ich hier kein aktuelles analoges Bild mehr gezeigt – dabei gibt es einiges zu erzählen. Das liegt nicht daran, dass ich momentan weniger fotografiere – im Gegenteil: Ich fotografiere so viel wie noch nie. Es macht gerade richtig Spaß. Doch leider sind vier entwickelte Filme auf dem Postweg verloren gegangen. Das sind (4 × 36) = 144 Bilder. Natürlich ist auch Ausschuss dabei, also lassen wir es etwa 120 verlorene Aufnahmen sein. Erst einmal war das frustrierend und traurig. Tolle Sonnenaufgänge, Familienbilder und sogar Teile von Weihnachten waren darunter.
Erinnerungen ohne Beweis
Was bedeutet das jetzt? Dass diese Momente nicht stattgefunden haben? Es gibt kein Bild davon, keinen Beweis. Was ist, wenn man Laufen oder Radfahren geht und das nicht mit einer Sportuhr aufzeichnet? Die Erinnerung ist nicht digital erfasst – und doch ist es passiert. Sie bleibt bestehen, und auch wenn sie mit den Jahren verblasst, war der Moment real. Wir haben ihn erlebt. Es ist schön, ein Bild anzusehen und sich daran zu erinnern (das ist mit ein Grund, warum ich das hier mache). Aber obwohl ich versuche, möglichst viel nach dem Motto „Document your Life“ festzuhalten, zählt letztlich der Moment selbst , unabhängig davon, ob er durch eine Kameralinse eingefangen wurde oder nicht.
Analoge Überraschungen
Diese Woche habe ich ein Waldbild dabei, aufgenommen mit meiner Leica MP auf Kodak ColorPlus 200. Ich experimentiere derzeit gerne mit verschiedenen Belichtungen und Filmen. Dieses Bild gefällt mir besonders gut: das leuchtende Grün des moosbedeckten Bodens, die hohen, dunklen Bäume und der Nebel im Hintergrund – ein starker Kontrast, der eine besondere Stimmung erzeugt.
Als ich diese Rolle Film zurückbekam, war die Freude diesmal besonders groß – vielleicht sogar größer als sonst. Nach dem Verlust der anderen Filme fühlte es sich an, als hätte ich ein kleines Stück meines fotografischen Gedächtnisses zurückgewonnen. Es ist jedes Mal ein bisschen wie ein Überraschungsei: Erst nach Wochen sieht man die Szene wieder. Vom Moment der Aufnahme bis zum fertigen Bild vergehen oft Tage oder Wochen. Meist kann ich mich nur noch vage an die Szene erinnern. Umso schöner ist es, wenn die Bilder schließlich da sind – als greifbare Erinnerung an einen Moment, der sonst vielleicht nur langsam in der Tiefe des Gedächtnisses verblasst.
„Nichts ist jemals wirklich verloren, solange es in unserer Erinnerung weiterlebt.“
– Johann Wolfgang von Goethe
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