Foto der Woche – KW 9

36 Chancen

Das Bild dieser Woche ist ein weiteres selbstentwickeltes Schwarz-Weiß-Foto. Aktuell entwickle ich ausschließlich Schwarz-Weiß-Filme selbst – nicht nur, weil es günstiger ist, sondern weil der gesamte Prozess einfach unglaublich Spaß macht. Das Mischen der Chemikalien, das präzise Abmessen, das Warten auf das Ergebnis – das ist für mich fast schon meditativ. Vielleicht probiere ich irgendwann auch die Farbentwicklung aus, aber die hat ihre eigenen Tücken: präzisere Temperaturkontrolle, komplexere Chemie, noch mehr Möglichkeiten, Mist zu bauen. Klingt spannend – und ein kleines bisschen beängstigend.

Dieses Foto entstand während eines meiner Spaziergänge durch den Wald. Die Sonne hatte sich einen perfekten Moment ausgesucht, um genau diesen einen Baum mit Licht zu überfluten, während der Rest des Waldes im Schatten lag. Ein Farbfilm hätte das sicherlich auch gut eingefangen, aber naja Schwarz-Weiß-Film war halt in der Kamera ;). Dafür treten ohne Farbe Formen, Kontraste und Texturen stärker hervor.

Eine Sache, die ich an der analogen Fotografie besonders liebe, ist die bewusste Entscheidung für einen bestimmten Film. Will ich hohe oder niedrige ISO? Feinkörnig oder eher rustikal? Schwarz-Weiß oder Farbe? All das muss ich vorab festlegen und dann damit leben – keine nachträgliche Anpassung in Lightroom, kein wildes Herumprobieren. Manche würden das als Einschränkung sehen, aber für mich ist es eine Erleichterung. Es zwingt mich dazu, mich voll auf das Motiv zu konzentrieren, statt mich in Technik zu verlieren.

Früher, als ich noch digital fotografiert habe, habe ich oft mehr Zeit mit Kameraeinstellungen verbracht als mit dem eigentlichen Fotografieren. Ständig ISO ändern, Blende nachjustieren, Histogramm checken, dann nochmal nachbessern… Es fühlte sich manchmal an, als wäre ich mehr mit der Kamera beschäftigt als mit dem Motiv. Klar, man kann auch digital minimalistisch arbeiten, aber analog zwingt mich einfach dazu. Sobald ich den Film eingelegt habe, sind viele Entscheidungen bereits getroffen – und ich kann mich aufs Wesentliche konzentrieren.

In einer Zeit, in der Kameras immer intelligenter und automatisierter werden, finde ich diesen bewussten, entschleunigten Ansatz umso wertvoller. Jeder Filmwechsel ist eine kleine Entscheidung mit großer Tragweite: Welche Stimmungen kann ich damit einfangen? Wie beeinflusst dieser Film meine Wahrnehmung? Diese bewusste Beschränkung ist kein Hindernis, sondern ein kreativer Vorteil. Sie gibt mir eine Richtung vor und hilft mir, mich intensiver mit meiner Umgebung auseinanderzusetzen.

Dieses Bild ist daher mehr als nur eine Momentaufnahme eines Waldes – es ist ein Ausdruck meines fotografischen Prozesses. Analog zu fotografieren bedeutet für mich, achtsam zu sein: bewusst beobachten, komponieren, abdrücken – und dann geduldig auf das fertige Bild warten. Kein sofortiges Feedback, kein endloses Nachbearbeiten. Einfach das pure Fotografieren. Und genau das macht es für mich so besonders.

„Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht.“

Jean Anouilh

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